Montag, 18. Mai 2015

Nyctophilia



Träume träumt man in der Nacht. Und die Nacht hat ein dunkles Herz.
Ein zweites; es schlägt neben dem Tag.

Ich schleiche langsam die Treppe hinunter und betätige nicht den Lichtschalter. Aus Absicht. Dann höre ich ein Geräusch. Es atmet jemand in den Schatten, dicht neben mir. Ist es der Kater?

"I like to walk in the dark." 

Das sagt mein Gastvater, dem es scheinbar ähnlich geht wie mir. Nach einem kurzen Moment des Schocks lachen wir beide und setzen unseren Weg durchs nächtliche Haus fort. 

Warum ist das so? Was zieht uns an der Dunkelheit an, an einem Zustand, in dem wir nichts richtig erkennen zu können, in dem etwas etwas sein kann und gleichzeitig etwas anderes?

Wenn ich rauchen will, gehe ich in den Park, folge den Spuren einer Person, die die Nacht vielleicht versteht. 

Der Mond ist meine Sonne. Dunkelheit. Der Moment, in dem das Schwarz das letzte bleiche Licht in sich aufnimmt und Hausecken zur Bedrohung werden, zu laute Rufe, dunkle Mäntel.

Die Nacht tarnt. Vielleicht geht es darum. Sie tarnt unsere Absichten, tarnt die Wirklichkeit, lachende Studenten mit Pizzaschachteln, die zum Himmel gereckten Zweige der Bäume, knorrige Finger.

Rauchende Menschen vor dem Altonaer Theater. Eine Ratte, die in die Büsche huscht, ein Rascheln. Ein Mann mit Kamera, der auf einen Steinblock steigt, den Blick zu den Sternen.

Blumen. Rosafarben. Oder ist es lila?

Jogger, ein Kran, hell erleuchtet, bleiches Mondlicht, Ché Guevaras Antlitz, Bailey's Chocolate, ein Fitnesskurs für Mütter, der Arbeitsauftrag von Herrn Hamidi, zusammengeknüllt auf dem Boden. 

Er ist Zugführer, glaube ich. Schichtnummer 1807.

All das, getarnt vom Mantel der Nacht.



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