Wohnheimwandeln

 

Ich bin wieder in Hamburg und das bedeutet neues Leben für meinen Blog. Draußen scheint die Herbstsonne und die ungeduldigen Blätter zittern. Ich aber streife unruhig durch die Gänge meines Wohnheims, drin, wo aufmunternde Botschaften an den Wänden versuchen, etwas Pep in den Studentenalltag zu bringen, etwas Grün in das Weiß der steril wirkenden Gänge, in die Lernräume, die trotz Flachbildschirm und Kreide menschenleer sind.

Statt zum Studieren zu animieren, schrecken sie ab, die kleinen Botschaften: Success. Learn. Study. Beginning. Activity.
 Ich suche nach einem Dach, schon seit einer Weile, nach einem Ort ohne Essensgeruch oder frischer Farbe, einem Ort, an dem ich atmen kann, an dem ich den Wind im Gesicht spüre.
Beide Treppenhäuser enttäuschen mich - sie führen zu verputzten Wänden, Fenstern, die sich nicht öfffnen lasen. Stickigen Räumen, Türen, die nicht aufgehen für eine, die Höhen liebt und an jedem ihrer Wohnorte immer auf den Dächern, den Balkonen unterwegs ist.

Die Botschaften an der Wand sprechen zu mir, aber sie sagen etwas anderes, als sie ursprünglich wollten.
Sie rufen, friend, such weiter, das ist Hamburg, dein Hamburg, und führen mich zu einer Wand.
Hier stehe ich, bin zurück und sehe die Begriffe, Namen, die jedem Touristen leicht über die Lippen kommen. Reeperbahn, Astra saufen, Rotlichtviertel, Elbphilharmonie Millionen in den Sand.

Ich könnte weitergehen, weg von dieser schmucklosen, langweiligen Wand, aber sie gibt mir eine Aufgabe.

Für die nächsten Wochen und Monate ist es meine Aufgabe, jeden dieser Orte zu besuchen. Zu erkunden. In ihn einzutauchen und ihm seinen Traum zu entlocken.

Hamburg träumt wie ich, ist nicht damit zufrieden, an dieser Wand zu stehen, statisch, ein Abziehbild.

Hamburg träumt seine Träume und ich werde ihnen nachspüren. Im Oktober geht es los mit der Reeperbahn, die Reise beginnt in der Bahn, wie immer, und ich werde aus dem Fenster winken, Worte finden, sie dem Wind übergeben.